Streitigkeiten um die Erfindungsvergütung

Es kommt immer wieder vor, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einig werden, wenn es um die Erfindungsvergütung geht und es entfacht ein Streit. Die Streitpunkte können vielfältig sein. Von der Frage, ob die Erfindung überhaupt benutzt wird bis hin über die Wertung einzelner Parameter können die Parteien uneinig sein.

Bevor es aber so weit kommt, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor der Schiedsstelle oder gar vor Gericht wiedersehen, gibt es mehrere Möglichkeiten für die Parteien. Da der Arbeitgeber die Vergütung im Streitfall festsetzen muss (§ 12 (3) ArbEG) sollte von ihm auch die Initiative ausgehen. Der tatsächliche Weg ist in der Regel der, der für den Betrieb des Arbeitgebers am praktikabelsten ist. Dieser wird irgendwo zwischen den beiden Extrema liegen:

1. Pfad der Konfrontation

Der Arbeitgeber erwartet vom Arbeitnehmer, dass er seine Anspruchsgrundlage so weit begründet, wie es ihm möglich ist. Dazu gehört etwa eine Benutzungsprüfung. Der Arbeitnehmer legt seinem Arbeitgeber glaubhaft dar, wo seine Erfindung eingesetzt wird.

Allerdings können betriebsinterne Hindernisse dem Arbeitnehmer bei seiner Nachforschung im Wege stehen. Beispielsweise können ihm schlichtweg die Zugriffsrechte auf entsprechende Dokumente versagt sein. Ihm kann die Beschäftigung mit der Benutzungsprüfung vom Arbeitgeber direkt oder indirekt verboten werden – darunter fällt beispielsweise auch, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bewusst dort einsetzt, wo er sich nicht um die Benutzungsprüfung kümmern kann. In einem Streitfall wäre ein solches Verhalten des Arbeitgebers mutmaßlich schwer nachweisbar, erfahrungsgemäß jedoch nicht sehr nachhaltig.

Ferner kann der Arbeitgeber jegliche Ansprüche auf Vergütung als verjährt erklären, die nach den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nach § 195 BGB, tatsächlich verjährt sind. Wenn der Streit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber schon vor einer hinreichend langen Zeit begonnen wurde, aber irgendwann eingeschlafen ist, kann der Arbeitgeber dadurch unter Umständen eine Menge Geld sparen.

Die Gefahr für den Pfad der Konfrontation liegt jedoch auf der Hand: Das Geltendmachen einer Verjährung in einer Streitsache, die in der Hand des Arbeitgebers liegt und durch Aussitzen gelöst wird, kann den Frust und die Verärgerung des betreffenden Arbeitnehmers zur Folge haben. Darüber hinaus sind Arbeitnehmer heute durch Verbände, Gewerkschaften und nicht zuletzt Social Media gut miteinander vernetzt. Ältere Mitarbeiter, die kurz vor der Rente stehen und jüngere Mitarbeiter, die ohnehin eine geringere Loyalität ihrem Arbeitgeber gegenüber haben und damit drohen können, zur Konkurrenz zu wechseln (Stichwort: Fachkräftemangel), werden eher dazu bereit sein, sich auf einen Streit mit dem Arbeitgeber einzulassen, wenn sie eine entsprechend hohe Vergütung vermuten.

Auf dem Pfad der Konfrontation fordert der Arbeitgeber daher die Streitlust der Arbeitnehmer heraus, sodass es im ungünstigsten Fall zu einem Verfahren vor der Schiedsstelle des DPMA oder gar vor einem Landgericht kommt. Der Arbeitnehmer könnte ferner zur Konkurrenz wechseln, sodass er nicht nur eine leere Stelle hinterlässt, sondern auch Fachwissen mitnimmt.

Ist ein Arbeitnehmer mit einer Entscheidung erfolgreich, und das ist bei der Schiedsstelle zu erwarten, da sie kein Gericht ist und einen Kompromiss anstrebt, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit mit seinen Kollegen darüber sprechen. Dadurch könnten auch weitere Arbeitnehmer den Mut für ein Verfahren aufbringen oder zumindest gegen den Arbeitgeber gestimmt werden, denn dieser hat ihren Kollegen und damit mutmaßlich auch sie selbst nicht von sich aus hinreichend vergütet.

2. Pfad der Versöhnung

Der Pfad der Versöhnung ist der Weg, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufeinander zugehen. Dieser Pfad klingt naheliegend und einfach. Die Realität zeigt jedoch das Gegenteil. Er setzt nämlich ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien voraus. Ist das Vertrauensverhältnis jedoch nicht gegeben, etwa weil der Arbeitgeber die Berechnung der Erfindungsvergütung lange hat liegen lassen, sich damit nicht auseinandersetzen wollte oder konnte oder weil er schlicht überzeugt war, er müsse keine Vergütung zahlen, dann wird es in der Regel schwer sein, eine Einigung mit dem Erfinder zu erzielen.

Auf der anderen Seite sind die Forderungen nach einer Erfindungsvergütung mancher Arbeitnehmer häufig unangemessen hoch. Das kann an der verständlichen Unkenntnis des Arbeitnehmers über die Regelungen des Arbeitnehmererfindungsrechts liegen. Ein häufiger Fehler ist es etwa, die Lizenzsätze aus den Richtlinien gemäß RL (10) zu übernehmen, unbeachtet dessen, dass diese schon bei Inkrafttreten der Richtlinien 1959 veraltet waren (bspw. Arb.Erf. 68/18). Ein anderer häufiger Fehler liegt in der Einschätzung der Bezugsgröße, die regelmäßig nicht 100 %, sondern einen Bruchteil beträgt, der sich am Anteil des patentierten Gegenstands am verkauften Produkt orientiert.

Diverse online auffindbare Vergütungsrechner ermöglichen dem Arbeitnehmer, die entsprechenden Faktoren unreflektiert einzugeben und wecken dadurch häufig unrealistische Vorstellungen einer Erfindungsvergütung. Selbst ein redlicher Arbeitgeber, der tatsächlich versucht, seine Arbeitnehmer angemessen am Erfolg der Erfindung teilhaben zu lassen, wird es schwer haben, überzogenen Forderungen nachzukommen.

Hat sich ein Arbeitnehmer bereits innerlich dazu entschieden, den Streit bis zum Ende durchzufechten und auf seinen Ansprüchen zu bestehen, kann der Pfad der Versöhnung nicht erfolgreich sein. Umso wichtiger ist es, dass die Bearbeitung des Arbeitnehmererfindungsrechts von vornherein auf einer Vertrauensbasis und im redlichen Umgang zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stattfindet.

Fazit

Ob auf dem Pfad der Konfrontation oder auf dem Pfad der Versöhnung, eine angemessene Einordnung der Erfindung und eine dementsprechende monetäre Vergütung sind die Basis des Arbeitnehmererfindungsrechts. Sollte die Einordnung schwierig sein oder die jeweils andere Seite, Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen, kann die Bewertung der Erfindung durch einen Dritten außenstehenden eine Entspannung der Streitsituation bewirken.

Eine solche Bewertung kann etwa die Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen leisten. Diese hat jedoch eine relativ lange Bearbeitungszeit. Andererseits können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch auf einen objektiven Dritten einigen, der weder allein dem Arbeitgeber noch dem Arbeitnehmer verpflichtet ist. Sollten Sie eine objektive Bewertung einer Erfindung benötigen, kontaktieren Sie mich gerne.