Betrachten wir den folgenden Fall: Eine Arbeitnehmerin hat einen Anspruch auf Erfindungsvergütung (§ 9 ArbEG) und möchte ihn durchsetzen. Ihre Arbeitgeberin weigert sich oder hält die Forderungen der Arbeitnehmerin für überzogen. Es kommt keine Vergütungsvereinbarung zustande.
Nun droht die Arbeitnehmerin damit, ihre Ansprüche auf die Erfindungsvergütung einschließlich des Auskunftsanspruchs gemäß § 398 BGB an die Konkurrenz der Arbeitgeberin abzutreten.
„Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.“
§ 398 BGB
Auskunftsanspruch
Der Anspruch auf Erfindungsvergütung ist ein Anspruch, der dieser Vorschrift grundsätzlich unterliegt.
Damit Arbeitnehmer ihren Anspruch der Höhe nach bestimmen können, haben sie neben dem Anspruch auf die Leistung – die Vergütungszahlung – auch einen Anspruch auf Auskunft. Die Arbeitgeberin muss ihnen alle Informationen zur Verfügung stellen, sodass sie die Anspruchshöhe selbst bestimmen können. Dieser Anspruch leitet sich ab aus § 242 BGB und wird regelmäßig von der Schiedsstelle und den Gerichten anerkannt. Er kann sogar so weit gehen, dass die Arbeitgeberin zur Rechnungslegung nach § 259 BGB verpflichtet wird (siehe hierzu auch einen älteren Beitrag hier).
Von diesem Anspruch sind insbesondere die Umsätze betroffen, die mit Produkten erzielt wurden, die die Erfindung verwirklichen. Diese Umsätze benötigen die Arbeitnehmer, um die Höhe ihres Anspruchs bestimmen zu können (BGH Drahtinjektionseinrichtung). Alternativen zu dieser Methode der Vergütungsermittlung existieren in der Praxis jedoch nicht oder zumindest nur äußert selten (siehe hierzu auch einen älteren Beitrag hier).
Um genau zu sein, hat die Arbeitgeberin sogar die Pflicht, die Arbeitnehmerin in die Lage zu versetzen, sodass sie ihre eigenen Ansprüche der Höhe nach bestimmen kann.
Abtretung an die Konkurrenz
Wenn die Arbeitnehmerin aber nun ihren Anspruch auf Vergütung an einen Dritten abgibt, geht dann auch der Auskunftsanspruch auf den Dritten über? Und was passiert, wenn der Dritte ein mit der Arbeitgeberin konkurrierendes Unternehmen ist?
Grundsätzlich ist der Auskunftsanspruch vom Umfang her immer im Einzelfall zu beantworten. Auch darf nicht die der Lizenzanalogie zugrundeliegende Logik missachtet werden, dass sich Vereinbarungen betreffend das Arbeitnehmererfindungsrecht stets an dem orientieren sollten, was vernünftige Parteien vereinbart hätten.
Folgt man dogmatisch den einschlägigen Vorschriften, so müsste der Auskunftsanspruch unbeschränkt auf den Dritten übergehen. Eine gewisse Schutzbedürftigkeit der Arbeitgeberin ist jedoch ebenfalls zu beachten. Denn in der Annahme, dass vernünftigen Parteien eine Vereinbarung treffen, würde ein Unternehmen seiner Konkurrenz entsprechende Auskunft über etwaige Umsätze wohl nicht erteilen.
Die Meinung der Rechtsprechung und die der einschlägigen Fachliteratur gehen hierzu auseinander. Auf jeden Fall stellt die Abtretung des Vergütungsanspruchs einschließlich des Auskunftsanspruchs eine Gefahr dar. Denn auch ein Strohmann könnte den Auskunftsanspruch durchsetzen, sodass die Konkurrenz der Arbeitgeberin in den Besitz wertvoller Informationen gelangt.
Dasselbe gilt im Übrigen für die Abtretung bei Aufgabe nach § 16 ArbEG. Die Arbeitnehmerin hat ein Recht darauf, das Patent zu übernehmen, wenn die Arbeitgeberin es aufgeben möchte. Betreffend diesen Anspruch mag dies nicht schädlich erscheinen, denn die Arbeitgeberin kann sich ein Nutzungsrecht vorbehalten. Allerdings kann die Arbeitgeberin das Nutzungsrecht nur für sich selbst, nicht aber für verbundene Konzernmitglieder beanspruchen. Das heißt, unter Umständen kann das Schutzrecht in die Hände der Konkurrenz fallen und damit zumindest den Konzernmitgliedern der Arbeitgeberin die Nutzung der geschützten Technologie untersagen.
Gegenmaßnahmen
Ein Weg, sich vor solchen Ansprüchen durch die Konkurrenz zu schützen, ist das Treffen einer geeigneten Vereinbarung zwischen der Arbeitnehmerin und der Arbeitgeberin. Die Rechte nach §§ 12, 13 und 16 ArbEG werden regelmäßig ohnehin abgekauft. In derselben Vereinbarung könnte ein Verbot zur Abtretung des Vergütungsanspruchs an einen Dritten geregelt sein.
Eine solche Klausel sollte jedoch mit Vorsicht angewandt werden. Verbote für Arbeitnehmer sind bei ebendiesen eher ungern in Verträgen gesehen und können dazu führen, dass die Arbeitnehmer der Vereinbarung insgesamt nicht zustimmen. In diesem Fall müsste die Arbeitgeberin dem Gesetz folgend ihre Schutzrechtsverwaltung dazu abstellen, die nicht abgekauften Vorschriften §§ 12, 13 und 16 zu beachten und die Arbeitnehmer in den IP-Management-Prozess einbeziehen. Das kann, insbesondere bei mehreren Erfindern und Erfinderinnen, aufwendig sein und, bei nicht ordnungsgemäßer Handhabe, Schadensersatzforderungen zur Folge haben.
Die Alternative zu einer solchen Vereinbarung über die Rechte aus dem ArbEG ist das Erzielen einer Einigung über die Vergütungshöhe. Sind die Vergütung und deren Höhe geregelt und besteht seitens der Arbeitnehmerin kein Zweifel daran, dass die Vergütung nicht unbillig ist, so wird sie die Vergütungsvereinbarung nicht (erfolgreich) anfechten können. Ferner hätte sie dazu auch keinen Grund, denn eine bestehende Vergütungsvereinbarung garantiert ihr einen kalkulierbaren Zufluss der Vergütung. Es fehlt ihr daher an einem Grund, den Vergütungsanspruch an einen Dritten abzugeben. Schließlich ist es doch eher unwahrscheinlich, dass sie durch einen solchen Handel zu einem höheren Geldbetrag kommt.
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